Paritätisches Jugendwerk NRW

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Wolken am blauen Himmel

Was denken Jugendliche über die Corona-Pandemie und Rassismus?

Der Verein Kölner Appell gegen Rassismus e.V. bietet Kindern und Jugendlichen Freizeitmöglichkeiten und Unterstützung bei schulischen Problemen. Im Rahmen der Angebote führte David vom Kölner Appell gegen Rassismus e.V.  für uns ein Gespräch mit Kindern und Jugendlichen im Alter von acht bis achtzehn Jahren.

 

Wie habt ihr die Corona-Zeit und die Isolation erlebt? 
Baschar: Das war schwer für uns als Schüler so zu lernen ohne Lehrer, ohne Erklärungen und so. Die Arbeiten waren auch zu schwer geschrieben für uns. Wir haben ein paar Aufgaben von den Lehrern bekommen- Mathe, Englisch, Deutsch, Politik. Wir mussten die dann Zuhause machen und dann, als wir wieder zu Schule gegangen sind, die Blätter abgeben und die Lehrer haben das dann korrigiert. Besser als nichts auf jeden Fall und das wurde auch benotet.
Anna: Wir sind acht Kinder also insgesamt zehn. Drei Mädchen teilen sich ein Zimmer und wir haben unser Zimmer vorbereitet also eingekauft, Betten und Schränke. Erst war das schön aber dann war es sehr langweilig, weil ich immer zum Fitness gegangen bin und hier zur Nachhilfe oder zur Schule. Und auf einmal war es nicht mehr schön, weil wenn wir lernen mussten, dann nur online. Dann mussten wir um 8:30 Uhr aufstehen und das dann mit dem Handy, weil wir kein Tablet oder sowas Zuhause haben. Wir haben bei Whatsapp dann die Hausaufgaben bekommen, aber weil mein Handy nicht so groß war konnte ich das dann oft nicht so gut lesen. 
Mara: Unsere Zwillingsbrüder haben sich sehr oft gestritten. Die haben sich immer über alles gestritten. Ich musste immer die Blätter abholen, bearbeiten und dann wieder zurückbringen. So ging das die ganze Zeit.
Baschar: Also wir sind sechs Personen Zuhause. Wir sind vier Jungs, meine Mutter und mein Vater. Wir sind dann nicht mehr mit der Bahn gefahren und kaum noch raus gegangen. Nicht mehr mit Freunden getroffen, weil es ja diese Regel gab, dass man nur zu zweit draußen sein darf. Immer mit der Maske und Hände desinfizieren. Ich und mein Zwillingsbruder teilen uns ein Zimmer. Da hatten wir dann oft Streit, weil jeder allein sein wollte, wir aber nicht raus konnten. Wir haben in der ganzen Zeit vielleicht zwei oder drei Mal Freunde gesehen.
Milo: Ich war auch die ganze Zeit Zuhause, weil man ja nicht mehr rausgehen durfte. Außer beim Einkaufen durfte ich mitgehen. Sonst war ich nur Zuhause, habe Handy geguckt oder Fernseher oder geschlafen. Ich habe eigentlich den ganzen Tag nur gezockt. Mit Freunden konnte ich mich auch nicht treffen, nur noch chatten. Und für die Schule konnte ich auch nichts machen, weil ich kein Tablet hatte. Erst jetzt haben wir welche bekommen und ich kann was machen. 
Baschar: Wir sind in einer Whatsapp Gruppe vom Kölner Appell. Und die Helfer haben uns viel geholfen und so. Oder auf Youtube geguckt, aber eigentlich haben wir die ganze Zeit mit Helfer geredet und die haben uns die Sachen erklärt. Wir hatten auch zentrale Abschlussprüfungen. 

 

Seit dem Mord an Georg Floyd haben auch in Deutschland in den letzten Monaten Diskussionen um das Thema Rassismus Fahrt aufgenommen. Habt ihr das mitbekommen? 
Elias: Das war scheiße von der Polizei. Die Regierung da ist anders als hier. Alle Kontinente sind anders. Man kann Amerika nicht mit Deutschland vergleichen. Rassismus gibt es da schon seit langer Zeit. Wie die sich gegenseitig umbringen wegen der Hautfarbe. Ich wurde auch schon häufiger von der Polizei angehalten. Dafür gab es kein Grund. Ich glaube das war, weil ich Schwarz bin. Die haben mich auch gefragt, ob ich kiffe. Das war neben meiner Schule als ich mir was zu essen kaufen wollte. Letzens wurde ich auf der Straße angehalten. Es war nachts und ich war mit dem Fahrrad, mein Licht war ein bisschen kaputt. Der Polizist hat mich angehalten und erstmal gefragt, ob ich ihn verstehe. Da habe ich in gefragt: „Weil ich Schwarz bin? Oder weil ich Ausländer bin?“ Der hat mir dann gesagt ich soll weiter gehen und das Fahrrad stehen lassen. Der hat gedacht, dass ich die Sprache nicht verstehe, weil ich Schwarz bin. Das war rassistisch. Wenn ich weiß gewesen wäre, hätte er mich das nicht gefragt. 
Baschar: Ich habe das auch mitbekommen. Ein Mann mit weißer Hautfarbe hat einen Schwarzen getötet. Ich kenne das auch von mir. Manchmal gibt es rassistische Leute, die machen Stress mit dir. Die wollten mich schlagen und so. Aber man muss weit weg davon gehen und sich an die Regeln halten, damit die Leute nicht gegen einen sind. Zum Beispiel wenn ich in der Bahn sitze und es gibt wenig Plätze, dann schreien die einen an oder sagen: „Steh auf ich will sitzen.“ Auch wegen der Sprache. Die sagen dann: „Geh mal deutsch lernen“ oder „du scheiß Flüchtling“. Als ich nach Deutschland gekommen bin haben die auch immer Stress in der Schule angefangen. Dann haben wir das mit den Schulleitern geklärt, aber nach der Schule haben die mit 20 Jungs auf uns gewartet und wollten uns schlagen. Das war eine schreckliche Geschichte. Der Grund war, dass ich beim Händewaschen einen Jungen aus Versehen nass gespritzt habe. Ich habe mich direkt entschuldigt und gesagt, dass das ein Versehen war. Der meinte dann: „Halt’s Maul, scheiß Flüchtling“, und so. Dann haben die meinen Bruder rumgeschubst. Da sind wir gerade nach Deutschland gekommen. Dann bin ich zu dem Lehrer gegangen und der konnte das Problem nicht lösen. Deswegen bin ich im nächsten Jahr auf eine andere Schule gegangen, damit ich die Jungs nicht mehr sehe. Ich glaube jeder erlebt sowas rassistisches. Auch Lehrer sind manchmal rassistisch. Die verbreiten Vorurteile gegen Muslime. Aber ich habe mich dann gewehrt.
Anna: Ja wir haben das alle mitbekommen. Der Mann, der getötet wurde, war unschuldig, der hat gar nichts gemacht. Gegen mich sind auch manche Leute rassistisch, weil ich ein Kopftuch trage. Bei mir auch eine Lehrerin, die gegen muslimische Menschen ist. Es gab in meiner Klasse so Mädchen, die uns immer angeschrien haben. Deswegen habe ich auch die Schule gewechselt. Aber jetzt in meiner Klasse gibt es auch zwei Jungs die rassistisch sind und die mobben immer und sind respektlos und reden immer über Sex und das ist wirklich nicht gut. Aber der Lehrer hat gesagt, dass wenn die das nochmal machen dürfen die für ein Monat nicht kommen. Das ist jetzt auch passiert. Von denen muss ich mich fernhalten. Und ein Lehrer, nicht eine Lehrerin hat meine Eltern in die Schule bestellt, weil die dachten ich würde mein Kopftuch unter Druck tragen. Aber das stimmt nicht. Und der ist später noch mal zu mir gekommen und hat mir gesagt, dass ich das ausziehen soll, weil das nicht gut ist für meine Zukunft. 

 

Glaubt ihr es ist wichtig, dass Jugendliche gehört werden, die Rassismuserfahrungen machen?
Elias: Ja, auf jeden Fall. Man muss die Leute einfach hören.
Baschar: Rassistischste Menschen sollten mal selbst erfahren, wie schlimm das ist. Flüchtlinge kommen wegen Krieg, also wir mussten hierhin kommen. Wenn man so Rassismus erlebt, ist man manchmal sehr traurig, weil man das aus seinem Land nicht kennt und da alles hatte. Aber wegen Krieg musste man flüchten, das ist so scheiße. 

Was wünscht ihr euch von Leuten, die keine Rassismuserfahrungen machen?
Elias: Ihr sollte euch einfach mal vorstellen, wie es an unsere Stelle ist. Also vorstellen, wie wir uns fühlen, wenn wir beleidigt werden. Wie wir dann damit umgehen, das alles. Einfach mitfühlen. Nachdenken, bevor man etwas sagt. Mehr Sensibilität.
Baschar: Ich will das diese Leute das einfach nicht mehr machen. Ich wünsche mir das es die Demokratie immer gibt und darauf aufgepasst wird. Jeder soll seine Meinung äußern können. 

 

Warum kommt ihr zum Kölner Appell?
Elias: Ich war gerade in der Nähe. Ich dachte ich komm‘ mal vorbei. Ich bin schon seit zwei Jahren nicht mehr hier und komme einfach die Leute hier besuchen.
Baschar: Weil hier alle gegen Rassismus sind. Es gibt viele nette Helfer. Es wird gut erklärt, wenn man was nicht versteht. Und wenn man nicht zur Schule oder zum Appell kann, kann man über Whatsapp Kontakt haben und Hilfe bekommen.